3 großartige mittelständische Unternehmen, deren Aktien ich derzeit noch für überteuert halte

Bernd Schmid · Uhr

„Es ist viel besser, ein hervorragendes Unternehmen zu einem guten Preis zu kaufen als ein gutes Unternehmen zu einem hervorragenden Preis.“

Dieses Zitat von Warren Buffett ist ein fester Bestandteil der Investitionsphilosophie bei uns Motley Fools.

Der Kern hinter dieser Aussage ist für mich, dass großartige Unternehmen in Zukunft mehr positives Überraschungspotenzial haben und man deswegen den aktuellen Wert oftmals unterschätzt. Zum Beispiel indem man die positiven Szenarien in seiner Analyse untergewichtet oder die Erfolgsgeschichte nicht weit genug in die Zukunft annimmt.

Trotzdem lehne ich mich heute aus dem Fenster und stelle drei Unternehmen vor, die für mich zur Extraklasse der deutschen Börsenlandschaft zählen, deren Aktien ich allerdings alleine aufgrund der Bewertung aktuell nicht kaufen würde.

Belimo (WKN: A3CUQD)

Belimo ist der Weltmarktführer für Feldgeräte zur Regelung und Steuerung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Das Kerngeschäft bilden Sensoren, Regelventile und Klappenantriebe für diese Anlagen.

Das hört sich sehr langweilig an. Umso mehr hat mich das Gespräch mit dem Investor-Relations-Officer von Belimo, Gérard Moinat, vom Hocker gehauen.

Mir wurde in dem Gespräch klar, dass es kein zweites Unternehmen in diesem Markt gibt wie Belimo. Man hat sich mit seiner globalen Präsenz, hohen Produktverfügbarkeit und -qualität in Nischen breitgemacht, wo das Unternehmen heute teilweise mehr als 50 % Marktanteile (bei Feldgeräten im Luftbereich) hat.

Belimo stellt zwar selbst kaum Heizungs-, Lüftungs- oder Klimaanlagen her. Aber die Hersteller und Distributoren dieser Anlagen greifen offensichtlich sehr gerne auf die Belimo-Lösungen zurück, um die Anlagen besser und effizienter zu machen.

Dass die Wettbewerber die Belimo-Lösungen wertschätzen, sieht man beim Blick auf die Gesamtkapitalrenditen, die das Unternehmen erwirtschaftet. Die lagen in den letzten zwei Jahrzehnten und sogar darüber hinaus immer über 20 % und größtenteils sogar über 30 %. Das sind Weltklassewerte, die für einen breiten Burggraben sprechen.

Aus meiner Sicht ist Belimo definitiv ein Unternehmen, das in jedes Foolishe Portfolio passt.

Allerdings nicht zur aktuellen Bewertung. Man zahlt das gut 40-Fache des Betriebsergebnisses für die Aktie. Das ist mir bei einem Unternehmen, dessen Wachstumspotenzial eher nicht zweistellig ist, dann leider doch zu viel.

Shop Apotheke (WKN: A2AR94)

Die Shop Apotheke ist eine der größten Onlineapotheken Europas. Das Geschäftsmodell sticht mit einem hervorragenden Wachstumspotenzial hervor – die Onlinedurchdringung des riesigen Apothekenmarktes in Europa ist noch sehr gering –, einem aus meiner Sicht umsetzungsstarken Management und großartigen Kennzahlen wie einer Rücksendequote von weniger als 1 %.

Auch hat das Unternehmen meiner Ansicht nach einen gewissen Burggraben. Der einzige größere Konkurrent ist das zum Unternehmen Zur Rose (WKN: A0Q6J0) gehörende Doc Morris. Allerdings ist der Markt so riesig, dass er Platz für zwei oder sogar mehr Akteure bieten könnte.

Ein vermeintlich übermächtiger potenzieller Konkurrent könnte das eine E-Commerce Unternehmen aus den USA werden, dessen Namen ich gar nicht klarstellen muss, damit man weiß, wer gemeint ist. Allerdings denke ich, dass Shop Apotheke mit seinem Fokus auf einen Markt mit gewissen Besonderheiten (wie zum Beispiel der Regulierung zu verschreibungspflichtigen Medikamenten) durchaus gut positioniert ist, um sich in seiner Nische durchzusetzen, ähnliche wie zooplus (WKN: 511170) sich in seiner Nische nie hat den Schneid abkaufen lassen.

Dieser Vergleich ist es auch, der mich aktuell noch von der Shop Apotheke Aktie fernhält. Beim aktuellen Kurs ist diese mit dem rund 2,1-Fachen des Umsatzes bewertet. Das ist eine Marke, die die zooplus-Aktie selbst in ihren euphorischsten Zeiten bei Weitem nicht erreichte – das höchste der Gefühle für zooplus-Aktionäre war eine Bewertung von 1,7x im Sommer 2011. Aktuell zahlt man das 1,1-Fache des Umsatzes.

Auch wenn es gewisse Unterschiede bei diesen beiden Unternehmen gibt, die durchaus eine höhere Bewertung für Shop Apotheke als für zooplus rechtfertigen, dieser Bewertungsunterschied ist für mich derzeit noch deutlich zu groß.

Hypoport (WKN: 549336)

Hypoport fokussiert sich mit seinem Geschäftsmodell auf die Vermittlung von Immobilienfinanzierungen. Unter anderem betreibt das Unternehmen mit EUROPACE die größte deutsche Onlineplattform für Immobilienfinanzierungen und ähnliche Produkte für B2B-Kunden.

Auf diesem Erfolg ruht sich das Unternehmen allerdings nicht aus, sondern expandiert mit seinem Digitalisierungsgeschäftsmodell in verwandte Branchen wie die Versicherungs- und Immobilienbranche.

Der Digitalisierungsgrad scheint in den Märkten von Hypoport noch deutliches Potenzial nach oben zu haben, sodass das Unternehmen noch einige Jahre gute zweistellige Umsatzwachstumsraten wird erreichen können.

Was mich außerdem überzeugt, sind relativ hohe Wechselkosten für Kunden und dass die Plattform bzw. das Ökosystem rund um EUROSPACE ein Flywheel darstellt, das für Wettbewerber kaum replizierbar ist. Diese Faktoren sorgen für einen echten Burggraben. Obendrauf kommt noch eine meiner Einschätzung nach einzigartige Unternehmenskultur als Tüpfelchen auf dem i.

Definitiv ein Unternehmen, dessen Aktie eine gewisse höhere Bewertung rechtfertigt, da positive Szenarien in der Zukunft meiner Ansicht nach wahrscheinlicher sind als negative.

Aber rechtfertigt all das eine Bewertung von mehr als dem 100-Fachen des operativen Ergebnisses? Für mich derzeit dann doch eher nicht.

Was sich ändern muss, damit ich meine Meinung ändere

Alle diese drei Unternehmen gehören meiner Ansicht nach zu den Top-Unternehmen im deutschsprachigen Börsenumfeld. Daher gibt es an oberster Stelle einen Grund, weshalb ich mit meiner Meinung falschliegen könnte:

Die Unternehmen performen noch besser als in meinem jeweiligen positiven Szenario. Zum Beispiel wäre es nicht ganz undenkbar, dass die Shop Apotheke in den nächsten 5 bis 10 Jahren noch mit 25 bis 30 % pro Jahr wächst und dabei profitabel bleibt. Ich persönlich halte das für zu optimistisch, aber es liegt nicht ganz im Bereich des Undenkbaren.

Der zweite Grund, der mich eventuell zu einem Umdenken bringen könnte, sind die Investitionsalternativen. Am Aktienmarkt möchte ich die besten Unternehmen besitzen bzw. nur in „schlechtere“ Unternehmen investieren, wenn ich dafür deutlich überkompensiert werde. Noch sehe ich einige Alternativen dazu, aber es werden mit jedem Tag, an dem die Börse steigt, weniger.

Wann ich auf jeden Fall meine Meinung ändern würde, ist, wenn sich die Aktien deutlich vergünstigen. Das würde allerdings teilweise durchaus einen Kursrutsch von 50 % oder sogar mehr bedeuten. So etwas geschieht in der Regel nicht ganz grundlos. Die Frage wird dann sein, ob diese Gründe meine Einschätzung zur Qualität des jeweiligen Unternehmens beeinflussen.

Offenlegung: Bernd besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool empfiehlt Aktien von zooplus.

Foto: Number1411 / Shutterstock.com

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