Siemens Energy zieht bei Problemtochter Gamesa die Zügel an

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2024. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) - Der Energietechnikkonzern Siemens Energy will mit einem weiteren Führungswechsel die Sanierung der spanischen Windenergietochter Gamesa vorantreiben und nimmt dabei auch Standorte und einen Stellenabbau ins Visier.

Windenergie-Chef Jochen Eickholt (62) übergebe im gegenseitigen Einvernehmen zum 1. August die Führung der Krisensparte an Vinod Philip (50), teilte der Konzern am Mittwoch mit. Mit einer Reihe von Maßnahmen soll das Windgeschäft auf eine zweistellige Marge getrimmt werden. Das Onshore-Geschäft werde sich vornehmlich auf stabile Märkte, konkret Europa und die USA, konzentrieren, was auch eine Anpassung der Arbeitsplätze zur Folge habe.

Siemens-Energy-Chef Christian Bruch wollte in einer Telefonkonferenz mit Journalisten keine Details zu den Plänen oder zum Umfang eines möglichen Stellenabbaus nennen. Das werde in den kommenden Monaten unter anderem mit den Arbeitnehmervertretern besprochen und verhandelt. "Erst intern, dann extern", betonte Bruch. Standorte müssten nicht zwangsläufig geschlossen werden, sondern könnten von oder mit Partnern weiter betrieben werden. Da auch neue Arbeitsplätze bei Gamesa geschaffen würden, könne die Gesamtzahl der Jobs über die nächsten Jahre ungefähr konstant bleiben. Siemens Gamesa beschäftigte zum Ende des Geschäftsjahres 2023 (per Ende September) gut 29.000 Mitarbeiter.

AKTIE GEHÖRT ZU DEN GRÖSSTEN GEWINNERN IM DAX

"Die Wende im Windgeschäft hat weiterhin absolute Priorität. Aus diesem Grund ergreifen wir zusätzliche Maßnahmen, um die Komplexität zu reduzieren und den Fokus des Geschäfts zu erhöhen", sagte Bruch. Gamesa hatte in den vergangenen Jahren wegen Qualitätsmängeln Milliardenverluste eingefahren und den Mutterkonzern tief in die roten Zahlen gezogen. Die Windturbine 4.X, eine von zwei wegen Qualitätsmängeln aus dem Markt genommenen Anlagen, soll bis Ende des Geschäftsjahres 2024 in Europa wieder verkauft werden. Für die Turbine 5.X peile der Konzern im nächsten Jahr eine Rückkehr in den Verkauf an. Es gebe aber noch eine Menge bei Gamesa zu tun, sagte Bruch. "Es wird Zeit kosten." Wegen des Verkaufstopps bei den Turbinen würden auch die Umsätze von Gamesa zunächst weiter sinken.

Nach mehreren Führungswechseln hatte 2022 Eickholt das Ruder bei Gamesa übernommen, das er nun an Philip weiterreicht. Philip habe unter anderem als Service-Chef für das Kraftwerksgeschäft operative Erfahrungen gesammelt, sagte Bruch. Siemens Gamesa solle bis zum Jahr 2026 die Gewinnschwelle erreichen und anschließend wieder profitabel wachsen.

REKORD BEIM AUFTRAGSBESTAND

Im zweiten Quartal verbesserte Siemens Energy - die etwa mit Vestas aus Dänemark, dem US-Konzern GE Vernova oder Nordex aus Deutschland konkurrieren - unter anderem durch Zuwächse im Netzgeschäft das Ergebnis vor Sondereffekten auf 170 Millionen Euro von 41 Millionen vor Jahresfrist. Der Auftragsbestand kletterte auf einen Höchststand von 119 Milliarden Euro. Der Vorstand hob die Prognosen für den Umsatz, die Ergebnis-Marge vor Sondereffekten und den Free Cashflow vor Steuern an. Der Free Cashflow vor Steuern soll nun mit bis zu einer Milliarde Euro positiv ausfallen, nachdem bisher ein Minus von rund einer Milliarde Euro erwartet worden war. Die Prognose für den Gewinn nach Steuern bleibt unverändert bei bis zu einer Milliarde Euro.

Am Markt kamen die Zahlen und die Prognosen gut an. Der Aktienkurs von Siemens Energy kletterte zeitweise um über 13 Prozent auf 22,63 Euro. Das seien sehr starke Ergebnisse, sagte ein Händler. Die Aktie von Siemens Energy ist hinter dem Papier von Rheinmetall der beste Performer im Dax in den vergangenen zwölf Monaten.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Neueste exklusive Artikel