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dpa-AFX · Uhr
    Schlimmer geht immer, Kommentar zur Credit Suisse von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Die Aktie der Credit Suisse hat in Reaktion auf die jüngste
Beichte über zusätzliche Rückstellungen und Belastungen weniger als 2 Prozent
eingebüßt. Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass die Nachrichten so schlimm
ja nicht gewesen sein können. Zudem könnte man die Ansicht vertreten, dass die
jüngsten Hiobsbotschaften geradezu harmlos erscheinen - im Vergleich mit dem
Desaster der Credit Suisse rund um Archegos, ihr Debakel mit Greensill, dem
Fiasko der Bank auf den Bermudas und dem Skandal rund um die "Suisse Secrets".
Ja, könnte man. Aber das wäre schon ein sehr schräger Blick auf die Dinge.

Denn dass der Aktienkurs am Mittwoch nicht noch tiefer gerutscht ist, hat
sicherlich damit zu tun, dass die Notierung in den zurückliegenden Monaten -
entgegen dem Branchentrend - bereits kräftig eingebüßt hat. Dass es bei den
jüngsten Nachrichten um weniger spektakuläre Probleme geht als in der
Vergangenheit, ist nicht wirklich beruhigend, sondern vielmehr alarmierend. Denn
es dokumentiert, dass der Finanzkonzern nicht nur einige spezifische Belastungen
zu bewältigen hat wie Archegos oder Greensill, sondern eben auch an vielen
anderen Stellen schwächelt. Ob bei seiner Beteiligung an der Vertriebsplattform
Allfunds, deren Wert korrigiert werden muss, ob im operativen Geschäft - wenn
das Management etwa gestehen muss, dass das Ergebnis schlicht auch "durch eine
geringere Geschäftstätigkeit" gelitten hat.

Die Tatsache, dass zu den alten Lasten nun neue alte Lasten (Rückstellungen für
Rechtsstreits vor mehr als zehn Jahren) und neue neue Lasten (Rückstellungen
wegen Kreditrisiken infolge des Ukraine-Kriegs) hinzukommen, dürfte das
Vertrauen in den Neuanfang im apostrophierten "Übergangsjahr" weiter erodieren
lassen. Analysten sorgen sich, dass sich die Lage der Bank weiter verschlechtern
könnte - schlimmer geht immer.

Aktionärsvertreter rebellieren zusehends gegen das Management. Dem wird
vorgeworfen, dass es nicht nur die Bank, sondern auch die Erwartungen am Markt
schlecht steuert. Konzernchef Thomas Gottstein hatte zuletzt von einem soliden
Geschäftsverlauf in den ersten zwei Monaten gesprochen. Zudem hatte er mit Blick
auf das Engagement in Russland beruhigt ("gut verwaltet", "geeignete Systeme, um
auf Risiken zu reagieren"). Die Führung der Bank muss aufpassen, dass sie sich
mit derlei Ansagen nicht in eine Spirale des "overpromising and underperforming"
begibt, die es ihr irgendwann unmöglich macht, das Vertrauen der Aktionäre
zurückzugewinnen.

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