Kunden ziehen bei Credit Suisse weiterhin Geld ab

Reuters · Uhr

Zürich (Reuters) - Die krisengeplagte Schweizer Großbank Credit Suisse verliert weiterhin massiv Kundengelder.

Im Zeitraum Januar bis März betrugen die Vermögensabflüsse bei dem vor der Übernahme durch den Rivalen UBS stehenden Institut netto 61,2 Milliarden Franken. "Die Credit Suisse verzeichnete erhebliche Netto-Mittelabflüsse, insbesondere in der zweiten Märzhälfte 2023", erklärte die Bank am Montag. "Diese Abflüsse sind zwar mittlerweile zurückgegangen, eine Trendumkehr wurde jedoch bis zum 24. April 2023 nicht beobachtet." Die verwalteten Vermögen schrumpften auf 1,25 Billionen Franken von 1,29 Billionen Ende 2022.

Anleger regierten allerdings mit Erleichterung auf die Zahlen, nachdem manche Analysten im Vorfeld der wohl letzten Quartalsbilanz der Credit Suisse einen deutlich höheren Geldabfluss erwartet hatten. Die Aktien stiegen um 2,4 Prozent und die Titel der UBS zogen 1,9 Prozent an und ließen den praktisch unveränderten europäischen Bankenindex damit hinter sich. Die Nettoabflüsse waren geringer als befürchtet, erklärte etwa Analyst Michael Klien von der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Branchenexperten sehen die UBS trotzdem vor einer Herkulesaufgabe. "Die UBS steht zweifellos vor einer großen - und dringenden - Aufgabe bei der tiefgreifenden Umstrukturierung ihres ehemaligen Konkurrenten", sagte Vontobel-Analyst Andreas Venditti. Die UBS will ihr Quartalsergebnis am (morgigen) Dienstag veröffentlichen.

MILLIARDENGEWINN DANK ABSCHREIBUNG VON ANLEIHEN

Das Auftaktquartal der Credit Suisse war geprägt von den behördlich angeordneten Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Not-Verkauf an die UBS im vergangenen Monat, nachdem eine Vertrauenskrise das Institut an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hatte. Unter dem Strich stand nach drei Monaten ein Nettogewinn von 12,4 Milliarden Franken. Gewinntreibend wirkte vor allem die von der Finanzmarktaufsicht (Finma) angeordnete Wertloserklärung von sogenannten AT1-Anleihen im Umfang von 15 Milliarden Franken. Dadurch fallen die entsprechenden Zahlungsverpflichtungen für die Bank weg, was in der Rechnung als Ertrag verbucht wird. Zudem spülte ein Beteiligungsverkauf 0,7 Milliarden Franken herein. Dem standen eine Goodwill-Wertberichtigung in Höhe von 1,3 Milliarden Franken und ein Restrukturierungsaufwand von 0,3 Milliarden Franken gegenüber.

Der um Sonderfaktoren bereinigte Vorsteuerverlust betrug 1,3 Milliarden Franken. Für das zweite Quartal und das gesamte Jahr stellte das Geldhaus einen erheblichen Vorsteuerverlust in Aussicht.

MASSIVE LIQUIDITÄTSSPRITZE - INVESTMENTBANK-DEAL ABGEBLASEN

Wegen der massiven Abflüsse von Kundengeldern griff die Credit Suisse im großen Stil auf die von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bereitgestellten Liquiditätshilfen zurück. Ende März waren es netto 108 Milliarden Franken. Die tägliche Mindestliquiditätsquote (LCR) betrug im März durchschnittlich 178 Prozent. Bis zum 24. April wurden der Bank zufolge zehn Milliarden Franken Hilfen zurückgezahlt. Credit Suisse und UBS können im Rahmen ihres Zusammenschlusses auf Hilfen von Staat und SNB von bis zu rund 260 Milliarden Franken zugreifen.

Vom Tisch ist die geplante Übernahme des Investmentbanking-Geschäfts von Michael Klein. Die Credit Suisse wollte Kleins Investmentboutique The Klein Group LLC für 175 Millionen Dollar kaufen und in die Tochtergesellschaft Credit Suisse First Boston (CSFB) einbringen. In die CSFB wollte die Bank im Zuge des im Oktober angestoßenen Konzernumbaus große Teile des Geschäfts mit Übernahmeberatung und der Platzierung von Anleihen auslagern und diese dann verkaufen oder an die Börse bringen.

(Bericht von Paul Arnold, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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