Das sagen die Experten

Ökonomenstimmen zum Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas

onvista · Uhr
Quelle: Travel mania/Shutterstock.com

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich erstmals seit einem halben Jahr verbessert. Das Ifo-Geschäftsklima legte im Oktober zum Vormonat um 1,1 Punkte auf 86,9 Zähler zu. Das ist der erste Anstieg des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers seit April. 

Vor allem die aktuelle Lage wurde von den befragten Unternehmen besser als erwartet eingeschätzt. Der entsprechende Indexwert stieg im Oktober um 0,5 Punkte auf 89,2 Punkte, während Analysten von einem erneuten Dämpfer ausgegangen waren. Auch die Erwartungen an die künftigen Geschäfte wurden besser beurteilt.

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank 

„Der merkliche Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas deutet auf eine Stabilisierung der Stimmung, aber noch nicht auf eine Trendwende nach oben hin. Das niedrige Niveau des Ifo-Geschäftsklimas legt weiter ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft im zweiten Halbjahr nahe. Für das nächste Jahr erwarten wir keine kräftige Erholung. Denn die massiven EZB-Zinserhöhungen wirken nach. Außerdem sind die Unternehmen wegen der Wirtschafts- und Klimapolitik verunsichert.“

Ulrich Kater, Chefvolkswirt Dekabank 

„Die deutschen Unternehmen hoffen auf bessere Zeiten im kommenden Jahr mit niedriger Inflation und der Aussicht auf sinkende Zinsen. Der deutschen Wirtschaft geht es deswegen jedoch noch nicht wieder gut. Die Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen ist weltweit weiterhin zu gering. Die Auftragspolster schwinden. Hier kommt auch eine starke Abhängigkeit von China zum Vorschein, denn die chinesischen Unternehmen drängen immer weiter in die Exportdomänen der deutschen Industrie vor.“

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank 

„Die aktuelle Umfrage des ifo-Instituts zeigt zumindest, dass die Unternehmen zarte Hoffnungssignale senden. Die weitere Geschäftsentwicklung wird den dritten Monat in Folge etwas besser eingeschätzt. Um beim Erfreulichen zu bleiben: Sowohl die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes als auch des Dienstleistungssektors blicken etwas zuversichtlicher in die Zukunft als dies in den vergangenen Monaten noch der Fall war. Es zeichnet sich also eine gewisse Bodenbildung bei der schlechten Stimmung ab.“

Marc Schattenberg, Analyst Deutsche Bank 

„Um eine breite Trendwende der Stimmungslage auszurufen, dürfte es noch zu früh sein. Zum einen könnte die geopolitische Risikowahrnehmung weiterhin belasten und zum andern müssen nun auch erst einmal die harten Wirtschaftsdaten überzeugen. In der kommenden Woche erwarten wir für die Schnellmeldung zum Wirtschaftswachstum im dritten Quartal einen Rückgang im Vorquartalsvergleich von zumindest 0,3 Prozent.“

Jens-Oliver Niklasch, Analyst Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) 

„Endlich mal eine uneingeschränkt positive Nachricht für die Konjunktur. Die Zunahme von Lage und Erwartungen zeigt, dass die Talsohle wohl jetzt im vierten Quartal durchschritten werden wird. Die allgemeine Erwartung der Prognostiker, dass 2024 leicht positives BIP-Wachstum bringt, wird damit auf eine etwas solidere Grundlage gestellt. Natürlich gelten die üblichen Einschränkungen. Vor allem darf kein neuer Schock kommen. Geopolitisch ist es ja wieder einmal sehr heikel, aber ein banger Blick geht auch zu den Zinsmärkten.“

Ulrich Wortberg, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) 

„Damit scheinen sich die Wachstumsperspektiven etwas aufzuhellen, wenngleich noch nicht abzuschätzen ist, inwieweit sich der Nahost-Konflikt negativ auf die konjunkturelle Entwicklung niederschlagen wird. Bis jetzt sind die Ölpreisanstiege überschaubar und sie haben zuletzt auch korrigiert, sodass von dieser Seite keine Belastungen zu erwarten sind. Die Unsicherheiten sind aber groß.“

Claus Vistesen, Chefvolkswirt für die Eurozone bei Pantheon Macroeconomics 

„Ein Monat macht noch keinen Trend, und die Umfrage deutet immer noch auf eine Verlangsamung des BIP-Wachstums hin. Aber der Anstieg ist ein sehr willkommenes Zeichen der Widerstandsfähigkeit angesichts einer Flut ansonsten eher schwachen Konjunkturdaten in Deutschland.“

Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz 

„Eine Trendwende ist das zwar noch nicht. Die Entwicklung gibt aber Anlass für Hoffnung. Sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen für die nächsten 6 Monate haben sich im Oktober etwas verbessert. In sektoraler Betrachtung haben sich die Aussichten vor allem für die Dienstleister aufgehellt. Und in der Industrie mehren sich die Zeichen einer Bodenbildung. Trübe war dagegen erneut die Stimmung im Baugewerbe und im Handel.“

Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank 

„Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Konjunktur in den kommenden Monaten stabilisiert. Allerdings zeigt das Barometer nicht in allen Bereichen nach oben. Im Baugewerbe stabilisierte sich die Einschätzung auf sehr niedrigem Niveau, eine Verbesserung verzeichneten dagegen das verarbeitende Gewerbe und vor allem die Dienstleister. Im Handel hat sich das Klima dagegen verschlechtert. Das liegt an der weiterhin schwachen Anschaffungsneigung der Konsumenten, die durch ein Multikrisenumfeld, gestiegene Zinsen und die immer noch hohe Inflation zum großen Teil verunsichert sein dürfte.“

dpa-AFX

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