Israel rückt gegen Rafah vor - Kontrolle über Grenzübergang übernommen

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- von Mohammad Salem und Nidal al-Mughrabi

Jerusalem (Reuters) - Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über die palästinensische Seite des Grenzübergangs Rafah im südlichen Gazastreifen übernommen.

Spezialeinheiten durchsuchten die Umgebung, teilte das Militär am Dienstag weiter mit. Armee-Einheiten seien zudem seit Montagabend in einem Gebiet im Osten der Stadt Rafah im Einsatz, aus dem die meisten Bewohner und einige internationale Organisationen evakuiert worden seien. Auch der nahe gelegene Grenzübergang Kerem Schalom nach Israel sei vorerst aus Sicherheitsgründen geschlossen worden.

Rafah gilt als letzte Bastion der militant-islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas im Gazastreifen. Israel bereitet seit Monaten eine Bodenoffensive auf die Stadt vor, wo rund eine Million Flüchtlinge vor den seit sieben Monaten andauernden Kämpfen im Gaza-Krieg Schutz gesucht haben. In der Nacht zum Dienstag wurden in Rafah nach palästinensischen Angaben auch Häuser von israelischen Panzern und Flugzeugen angegriffen. Dabei seien 20 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden, teilten die von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mit.

Die israelische Regierung vermutet in Rafah noch Tausende Hamas-Kämpfer und womöglich auch einige der nach wie vor festgehaltenen Geiseln. Nach Ansicht der Regierung ist die als Kriegsziel ausgerufene Zerschlagung der Hamas ohne die Kontrolle über Rafah nicht erreichbar. Am Montag hatte Israel eine Teil-Evakuierung der Stadt eingeleitet.

Über den Grenzübergang in Rafah werden die meisten Hilfsgüter aus Ägypten in den Gazastreifen gebracht. Angesichts der Präsenz israelischer Panzer sei der Grenzübergang derzeit aber geschlossen, sagte ein Sprecher der Behörden der Nachrichtenagentur Reuters. Die USA haben Israel mehrfach aufgefordert, mit dem Einsatz in Rafah zu warten, bis ein Konzept für die Zivilbevölkerung vorliegt. Auch der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell mahnte Israel am Dienstag zur Zurückhaltung. "Ich fürchte, es wird wieder viele Opfer geben, viele zivile Opfer", sagte Borrell und betonte: "Es gibt keine sicheren Zonen in Gaza."

VERMITTLUNGSBEMÜHUNGEN GEHEN WEITER

Eine Feuerpause rückte derweil wieder in weitere Ferne. Zwar stimmte die Hamas am Montag einem Vorschlag Ägyptens zu. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte jedoch kurz darauf, der Entwurf sei "weit von Israels notwendigen Forderungen entfernt". Trotzdem werde man eine Arbeitsdelegation zu weiteren Gesprächen entsenden. Katar will seine Vermittlungsbemühungen fortsetzen. Eine katarische Delegation werde am Dienstag nach Kairo reisen, um die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über Vermittler wieder aufzunehmen, teilte ein Sprecher des katarischen Außenministeriums mit.

Auslöser des Kriegs war ein Massaker von Hamas-Kämpfern im Süden Israels am 7. Oktober. 1200 Menschen wurden dabei nach israelischen Angaben getötet und mehr als 250 Geiseln genommen. Israel startete daraufhin seine Militäroffensive, in deren Folge der Gazastreifen zum großen Teil in Schutt und Asche gelegt wurde. Fast 34.800 Menschen wurden nach palästinensischen Angaben inzwischen im Gazastreifen getötet. Eine kurze Feuerpause gab es bislang nur Ende November. Dabei wurden mehrere Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freigelassen. Allerdings befinden sich geschätzt immer noch etwa 130 Geiseln in der Gewalt der Hamas.

(Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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